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Fach- & Honorarkräfte für Schulen (kompletter Buchbeitrag)

Digitalisierung? Lehrkräfte-Mangel? Schüler:innen aus der Ukraine? Wie können der Schulalltag, die digitale Transformation und nachhaltige Schulentwicklung realisiert, wie kann hochwertige, chancengerechte Bildung entsprechend Nachhaltigkeitsziel 4 in Schulen gewährleistet werden? Die Antwort liegt in SDG 17: (Bildungs-) Partnerschaften zur Erreichung der Ziele.

Autorin: Susanne Braun-Speck (Lizenz: CC-BY-SA 4.0) Auszug aus dem Community-Buch “Nachhaltige Bildung. Nachhaltige Schule” (erschienen im August 2022 siehe Blogbeitrag).

Ohne externe Partner steht das Bildungssystem vor einem beinahe unlösbaren Personalproblem, wie im Laufe dieses Beitrages ersichtlich wird!

Am 29. Mai 2022 veröffentliche das Institut für Wirtschaft (* Quelle 1a), dass durch die ukrainischen Schüler:innen hochgerechnet zwischen 13.500 und 19.400 Lehrkräfte zusätzlich gebraucht werden, in Kitas ähnlich viele Betreuer. Zur Lösung dieses Personalproblems sollen einerseits Lehrkräfte aus dem Ruhestand zurückgeholt und andererseits ukrainische Lehrkräfte eingestellt werden. Wie viele Lehrpersonen geben ihren Ruhestand auf? Wie überwinden ukrainische Lehrkräfte die Sprachbarriere?

Das ist nur ein akutes Personalproblem. Doch Schulen stehen ständig vor neuen Herausforderungen und Aufgaben! Zum Beispiel sollen sie jetzt und in naher Zukunft…

  • Bildung für nachhaltige Entwicklung und Entrepreneurship (Gründergeist) Education inkludieren
  • das Pflichtfach Informatik einführen
  • und/oder Digitale Bildung nachhaltig in alle Fächer integrieren
  • dafür medienpädagogische Konzepte (weiter-) entwickeln
  • (mehr) digitale Endgeräte beschaffen und regelmäßig nutzen
  • fachübergreifende nachhaltige Schulentwicklung gestalten
  • Lehrkräfte-Fortbildungen und Schüler-Projekte durchführen
  • IT-Netzwerke betreuen & technischen Anwender-Support leisten
  • weiterhin mit sozialpädagogischen Herausforderungen kämpfen
  • Geflüchtete, aktuell aus der Ukraine, integrieren
  • und Vieles mehr

Wie sollen Schulen das realisieren? Trotz Lehrkräftemangel, welcher seit Jahren stetig steigt? Trotz viel zu wenig „Informatik“-Lehrkräften und Medienpädagogen?

Grafik: Susanne Braun-Speck

Aktuell und in den letzten Jahren gab es je Schule ein bis zwei Lehrkräfte, die als „Digitalisierungs-Experten“ gelten und zwei (manchmal mehr) bezahlte Zusatzstunden pro Woche haben, um als technische Ansprechpartner und Supporter zu agieren. Für alle Endgeräte-User an ihrer Schule mit beispielsweise 800 Schülern und 60 Lehrern. Wie sollen sie diese umfangreiche Zusatzaufgabe für so viele User in so kurzer Arbeitszeit bewältigen können? Erzählt wird auch von Schulen, wo die Schülertechnik-AG – auch oder insbesondere während des Unterrichts – IT-Support leisten und den Lehrkräften helfen. Wohin dieser Zustand in der Corona-Krise geführt hat? Jede Lehrkraft, alle Schüler:innen und ihre Eltern haben eine eigene Antwort darauf.

So oder so: Wer leitet und steuert IT- und Medien-Projekte in Schulen? Und schreibt ein Medienentwicklungskonzept mit IT-Knowhow? Wer beantwortet die vielen Fragen der Anwender? In oben genanntem Beispiel der 860 Anwender? Wer liefert Support vor Ort? Wer installiert neue Geräte, z.B. digitale Whiteboards?

Ein vergleichsweiser Blick in die Wirtschaft: In Unternehmen mit so vielen Mitarbeitern gäbe es eine ganze IT-Abteilung! Mit 20, 30 oder mehr IT-Fachkräften. Wie sollen Schulen das ohne vergleichsweise viele IT-Mitarbeiter schaffen? “Das Problem zu lösen, ist Aufgabe der jeweiligen Schule”, sagte Schleswig-Holsteins Digitalisierungs-Minister Jan Philip Albrecht, als ich ihm 2019 in Kiel diese Frage stellte. Es müssten halt Personal-Ressourcen dafür freigeschaufelt werden. Doch: Lehrkräfte sind dafür nicht ausgebildet, weswegen „Personal freischaufeln“ nicht die richtige Antwort sein kann.

IT-Fachkräfte könnten solche Aufgaben, die mittlerweile fast existenziell sind, übernehmen. Sie könnten “Digitalisierungs-Manager für Schulen”, „Medien-Coaches“ oder „Schul-Supporter“ sein.

Das Berufsprofil “Digitalisierungs-Manager für Schulen” hatte Braun-Speck, Autorin dieses Beitrages, bereits 2018 entwickelt und in Schleswig-Holstein wie auch in Berlin an manch einer Stelle vorgestellt (per E-Mail).

Doch der Digitalisierungs-Transformationswunsch und die IT-Lehrkräfte-Not waren offensichtlich nicht groß genug – jetzt, nach Corona, dürfte das anders sein. Sollte an dieser Stelle mehr über das Distanzlernen, über Homeschooling während der Corona-Pandemie geschrieben stehen? Über die flächendeckende untragbare, katastrophale Situation für alle am Schulsystem beteiligten? Ich lasse es, verweise aber auf einen Artikel, den ich mit Jugendlichen für unsere Schülerzeitung geschrieben hatte: Ausgebremst! Corona, Homeschooling & die Folgen für Ki/Ju. 5.

Nur auf ein Thema, von Vielen selbst erlebt, möchte ich hier eingehen. Während der Homeschooling-Zeit brach oft die Internetverbindung ab oder war grundlegend zu schwach; bei Online-Konferenzen hatten viele noch nicht einmal Ton – wie soll so digital kommuniziert werden? In meinen Lehrkräfte-Workshops hörte ich ständig von solchen Situationen. Manchmal fielen im Nachgang auch Beschwerden – ich hätte ja gesagt, das empfohlene Online-Konferenztool würde super funktionieren, täte es aber nicht. Doch. Denn die Ursache für die Probleme liegen woanders. Aber wo?

Spezialisierte IT-Experten hätten helfen können.

Netzwerk- und System-Administratoren in jedem Fall, aber auch Medien-Coaches und/oder IT-Berater hätten vermutlich gewusst, wie ich selbst auch: Am Online-Konferenztool selbst liegt es nicht. Ich selbst nutzte BigBlueButton, welches seit 2007 für die Bildungsbranche entwickelt wird. Es ist datenschutzkonform und bietet mehr integrierte Funktionen als ähnliche Tools: insbesondere ein digitales Whiteboard als Tafelersatz. Wenn meine Fortbildungs-Teilnehmer Zuhause waren und sich vor dort in die Onlinekurse einwählten, gab es nur vereinzelt Verbindungsprobleme – Zuhause hatten und haben sehr viele Teilnehmende eine stabile Internetverbindung. Doch nahmen die Lehrkräfte von ihrer Schule aus teil, war die Nutzung des browserbasierten Videokonferenztools am Computer oder Tablet manchmal völlig unmöglich. Einziger Ausweg: das eigene Handy benutzen, wobei aber Datenvolumen nötig ist und verbraucht wird. Selbiges wurde während des coronabedingten Distanz-Unterrichts erlebt, was das Homeschooling erheblich erschwerte, wenn nicht sogar unmöglich machte.

Was ist jeweils die tatsächliche Ursache für diese Verbindungsprobleme? Die übliche Antwort: Das liegt am Videokonferenztool! Das ist schuld! Aber: das ist falsch! Ja, die nicht-datenschutzkonformen APP-basierten Videokonferenz*-Tools (kurz: ViKo) funktionieren besser, als datenschutzkonforme Browserbasierte, aber grundlegend ist die Ursache woanders zu finden. Wer beruflich aus der IT- und Medienwelt kommt, würde fragen: Liegt es am (W)LAN der Schule? Am Landesserver? An den Endgeräten? Am Benutzer? An alten Kabeln oder falsch verlegten? An dem Server, auf dem das Videokonferenztool installiert ist? Gerade bei Bigbluebutton (kurz: BBB), welches u.a. auch in den Lern-Management-Systemen Moodle und iServ verwendet wird, war häufig das Problem, dass nur die Mindestkonfiguration* mit 4 CPU-Kernen und 8 GB Arbeitsspeicher pro BBB-Server eingerichtet war. Diese muss bei vielen ViKo-Nutzern aber deutlich höher sein. Umso mehr Nutzer, umso höher – aber wer weiß das schon? Wer sollte in Schulen herausfinden, was das Problem mit den Videokonferenzen ist, und wie das Problem behoben werden kann? Wer? Es gibt in den Schulen niemanden, der einschlägiges Knowhow und die Zeit für so etwas hätte. Niemand ist Netzwerk- und Systemadministrator (ein Ausbildungsberuf: Fachinformatiker:in Fachrichtung Systemintegration), Informatiker, Digitalisierungs-Manager oder IT-Berater. Letztere wissen sowas ggf. auch nicht, denn sie sind eher IT-Generalisten und keine spezialisierten Techniker oder Administratoren.

Deutlich wird auch: solche Tätigkeiten gehören nicht zum digitalen Lehren und Lernen dazu – die Aussage „Schulen brauchen Informatiker für digitale Bildung und digitale Transformation“ ist also nicht ganz richtig.


Tatsächlich gibt es mehr als 150 IT- und Medienberufe.

Für jeden dieser Berufe ist eine einschlägige Ausbildung oder Studium erforderlich – wobei Quereinstiege in der IT- sowie Medien-Branche durchaus üblich sind. Siehe Berufeglossar*4.

Entsprechend ist verwunderlich und ein Ding der Unmöglichkeit, dass Politik und Gesellschaft erwarten, dass Lehrkräfte das mal eben „nebenbei“ lernen und leisten. Dafür sind sie nicht ausgebildet. Nicht digital-affinen Lehrkräften darf entsprechend kein Vorwurf gemacht werden! Zwar ist auch bei Politikern mittlerweile die Botschaft angekommen, dass Schulen „IT- und Medienexperten“ und mehr Informatik-Lehrkräfte brauchen – aber: wann die kommen können und wo sie gefunden werden sollen, steht in den Sternen. Denn:

Es gibt zu wenig Informatik-Lehrkräfte, aber der Bedarf steigt. Und: IT- & Medien-Experten am Arbeitsmarkt fehlen auch!


Problem: Lehrkräftemangel, insbesondere im MINT-Umfeld

In Deutschland wird der Lehrkräfte- sowie Sonder- und Sozialpädagogen-Mangel immer größer. Zwar spricht die Kultusministerkonferenz (KMK) auch im März 2022 nur von einem Mangel von 2.700 Lehrkräften bis zum Jahr 2026. Danach rechnet sie in einigen Schulformen sogar mit einem Überangebot an Lehrkräften. Aber: Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat errechnet, dass im Jahr 2030 bis zu 155.000 Lehrkräfte fehlen könnten. In der Pressepräsentation vom 31.3.22 des VDE von Bildungsforscher Prof. i. R. Dr. Klaus Klemm (Universität Duisburg-Essen) steht u.a. geschrieben: „Dem von der KMK bis 2035 ermittelten Bedarf von 501.420 Lehrkräften steht nach Angaben der KMK bis dahin ein Angebot von 477.580 neu ausgebildeten Lehrkräften gegenüber, so dass 23.840 Lehrkräfte fehlen werden. Wenn das Neuangebot bis 2035, wie es Klemm ermittelt, dagegen nur bei 374.300 liegen wird, fehlen bis dahin dann 127.120 neu ausgebildete Lehrkräfte.“ *1c

Laut weiterer Tabellen von Prof. Klemm, basierend auf Erhebungen des Bundeslandes NRW, werden beispielsweise in NRW immer mehr MINT-Fachkräfte fehlen. Das I in MINT steht für Informatik und hier liegt die Bedarfsdeckungs-Quote in NRW im Jahr 2030/31 vermutlich bei nur 5,8 %.

Mit so unfassbar wenigen Fachlehrkräften wird digitale Bildung nicht gelingen können!

An dieser Stelle möchte ich lediglich tiefer auf den Informatik-Lehrkräftemangel eingehen, denn dieser hat unmittelbaren Einfluss darauf, ob überhaupt und wie nachhaltig unsere Schüler:innen auf ihre digitale Lebens- und Arbeitswelt vorbereitet werden können.

In Schleswig-Holstein zum Beispiel gab es im Jahr 2019 lediglich 164 Informatik-Lehrkräfte für ALLE allgemeinbildenden Schulen (758 im Jahr 2020) sowie beruflichen Schulen (34 im Schuljahr 2019/20) zusammen also 792 Schulen (*2b). Der Abgeordnete Martin Habersaat (SPD) hatte beim Landtag eine entsprechende Anfrage gestellt, siehe Quellenangabe *2a

Laut Dreisatzrechnung sind das 0,2 Informatik-Lehrkräfte pro Schule gewesen?!

Für 290.000 Schüler:innen an allgemeinbildenden Schulen sowie 88.000 an Berufsschulen des Bundeslandes Schleswig-Holstein gab es so wenig?! Zwar soll es in 2022 bereits deutlich mehr Informatik-Lehrberechtigte geben, aber dazu dürften wohl auch die für Informatik-Unterricht neu zugelassenen Lehrkräfte mit entsprechenden Weiterbildungen gezählt worden sein.

Wer Informatik studieren möchte, tut dies immer seltener, um Lehrkraft zu werden. Das Arbeiten in der Wirtschaft ist viel attraktiver. Als Alternative werden Lehrkräfte anderer Fächer nun weitergebildet. In 2021 begann in SH zum Beispiel die Weiterbildung von 75 Lehrkräften im Fach Informatik. 200 weitere Lehrkräfte sollen infolge dafür qualifiziert werden. *2c In Wahrheit werden sie fachfremde Quereinsteiger sein und haben weder Informatik noch irgendetwas mit digitalen Medien studiert oder in einer Berufsausbildung gelernt. Hätten sie 10, 15, 20 oder mehr Jahre praktische Berufserfahrung als Quereinsteiger, wäre das ja in Ordnung. Denn Praxiserfahrung ist in einigen Berufen deutlich mehr wert als ein theoriegeprägtes Studium. Aber so eine Praxiserfahrung haben diese neuen IT-Lehrkräfte ja nicht.

Ob das zielführend ist? Können diese Peer2Peer ihre Kollegen:innen und Schüler:innen fit für ihre digitale Lebens- und Arbeitswelt machen? Aber so oder so wird die Anzahl der für Informatik-Unterricht zugelassenen Lehrkräfte nicht reichen! Und:


Wer vor 20 oder 30 Jahren Informatik auf Lehramt studierte, hat veraltete Kenntnisse.

Aufgrund der Altersverteilung der Lehrkräfte dürften rund 2/3 vor so langer Zeit studiert haben.

Damals wurde während des Studiums zum Beispiel Cobol- oder Assembler-Programmierung gelernt. Hiermit können sie Schüler:innen in den 2020er Jahren und später nicht die notwendigen digitalen Kenntnisse inklusive Medienkompetenz in all seinen Facetten mit Kommunikations-, Kollaborations-, Kreativitäts-Techniken, und den gesetzlichen Rahmenbedingungen, Datenschutz und jüngsten Themen wie Künstlicher Intelligenz vermitteln.

Als Referentin für digitale Bildung hatte ich (Susanne Braun-Speck) in den letzten Jahren auch immer wieder Informatik-Lehrkräfte in meinen Workshops. Zum Beispiel im WS „Digitale Projekte planen – egal ob Website, Schülerzeitungen oder Wiki“. Anfangs war ich besorgt, sagte: „Was machst Du hier? Du bist doch als Informatik-Lehrkraft bereits qualifiziert. Was soll ich Dir vermitteln können?“ Deren Einwand lautete immer so oder ähnlich: „Warte mal ab. In meinem Studium habe ich doch etwas ganz Anderes gelernt.“ Ich lernte: so ist es! Klassische Informatik ist für jegliches digitales Medium zwar die Basis, aber wie wir sie im Schulumfeld und Alltag verstehen und nutzen, hat damit wenig zu tun! Wer braucht dafür beispielsweise Datenbank- und APP-Programmier-Kenntnisse?

Aus diesem Grunde, und weil es circa 150 verschiedene IT- und Medienberufe gibt *6, und nicht nur „Informatiker“, müssen sowohl das neue Pflichtfach Informatik als auch der Lehrkräftebedarf neu gedacht werden.


Zudem: Auch IT- und Medienexperten können am Arbeitsmarkt nicht gefunden werden!

Selbst wenn die Politik bereits flächendeckend in allen Schulen IT- / Digitalisierungs- und/oder Medien-Experten vorsehen würde, sowie das Pflichtfach Informatik & digitale Medien eingeführt wäre:

Am IT-Arbeitsmarkt fehlen laut dem Branchenverband BITKOM circa 96.000 IT-Fachkräfte (Stand: Jan/Feb 2022, *6). Wie also sollen für die 41.101 (*7) allgemein- und berufsbildenden Schulen in Deutschland „IT-Fachkräfte“ gewonnen werden?

Grafik: Susanne Braun-Speck

Zitat von Bitkom: „Der sich verschärfende Mangel an IT-Spezialistinnen und -Spezialisten wächst sich zu einer ganz realen Bedrohung für Deutschlands große Transformationsaufgaben aus. Das Thema digitale Bildung gehört ganz oben auf die Prioritätenliste der Bundesregierung.“

An digitaler (Weiter-) Bildung arbeiten alle irgendwie, auch in Schule, auch in den Fortbildungs-Instituten der Länder. Doch: Für eine flächendeckende digitale Transformation brauchen wir viel, viel mehr Experten, auch oder insbesondere an Schulen, als wir haben. In einer Pressemitteilung des BMBF (*8a), von Bettina Stark-Watzinger und Karin Prien, vom 4.3.22 heißt es zur Beantragung von Mitteln aus dem Digitalpakt: „… sie verfügen oft nicht über ausreichendes und hinreichend qualifiziertes Personal, um zügig die Mittel beantragen zu können. Hier braucht es unkomplizierte Verfahren und eine Finanzierung externer Beratungskosten. … Weiterhin steht dort:

Im Digitalpakt waren 500 Millionen Euro zur Förderung von Administratoren geplant, die sich um die digitale Technik kümmern sollen. … Im Zusatzprogramm für Administratoren flossen aber bisher nur rund 11 Millionen.

Leider sind zum Beispiel in der Schleswig-Holsteinischen Digitalpakt-Richtlinie Honorare / externe Berater nicht Gegenstand der Förderung (Stand: 11/2020.). Wie hätten sie also abgerufen werden können? Im Digitalpakt des Bundes sind aber tatsächlich projektvorbereitende und –begleitende Beratungsleistungen externer Dienstleister vorgesehen, siehe Ziff. 3.2.4 DigitalPakt Schule 2019 bis 2024 *8c.

Das heißt: Es ist möglich! Freiberufliche IT-Administratoren und IT-Berater können als Honorarkräfte in Schulen arbeiten! Auch in anderen Tätigkeitsfeldern könnten Honorarkräfte und Projektanbieter eingesetzt werden.


Die Lösung: Temporärer Einsatz von Honorarkräften und externen Partner.

Nicht nur IT-Fachkräfte, sondern diverse freiberufliche Honorarkräfte und Projektanbieter sollten von Schulen, Schulträgern & Bildungsinstituten jederzeit, nach Bedarf, eingesetzt werden können – wie in Unternehmen seit Jahrzenten! Insbesondere (alle m/w/d):

  • IT- / Digitalisierungs-Begleiter
  • Referenten für Fortbildungen
  • Medienpädagogen / -Coaches als Unterrichtsbegleiter
  • DAZ- / DAF Lehrkräfte
  • LMS- & Web-Designer / Content-Manager
  • IT-System- & Netzwerktechniker
  • Anbieter von Schüler-Projekten insbesondere, aber nicht nur im MINT sowie BNE-Umfeld
  • und Weitere

Tatsächlich sind freiberufliche Honorarkräfte die Einzigen, die zu moderaten Honoraren wenigstens tage-, wochen- oder monatsweise bzw. projektweise helfen können. IT-Systemhäuser sind dagegen viel zu teuer! Normale Freiberufler (außer stark spezialisierte Nischen-Experten), kosten ähnlich viel wie Lehrkräfte inklusive aller Arbeitgeber- und Personalnebenkosten. Eine Lehrkraft kostet den Arbeitgeber pro effektive Arbeitsstunde im Durchschnitt 75 €/Stunde* – hierfür, zu zuzüglich Mehrwert-/Umsatzsteuer, sind auch Honorarkräfte buchbar! Und diese gibt es in jedem Ort, in jedem Bundesland. Vom einzelunternehmerischen Netzwerktechniker, freiberuflichen Medienexperten und -Dozenten, Webdesignern und Content-Entwicklern. Alle werden in Zukunft in Schulen gebraucht!

*Nicht von allen Bundesländern sind Personalkostentabellen im Internet verfügbar. Ich stellte meinen Honorar-Gehalts-Vergleich mit Zahlen aus Schleswig-Holstein her, siehe Quellen-Angabe 9 oder direkt hier, auf meiner Website.

Insbesondere, aber nicht nur für IT- und Medien-Support sowie bei einmaligen Vorhaben, Schulentwicklungstagen und Schülerprojektwochen sowie als Lernbegleiter im Unterricht könnten freiberufliche Honorarkräfte und Projektanbieter in Schulen arbeiten. Braun-Speck nennt sie: “Consultants for digital and sustainable Education.”

Diese könnten als medienpädagogische Lernbegleiter und Coaches Schulen unterstützen; dort und fernmündlich mit Rat und Tat (Support) helfen; auch Workshops und Fortbildungen geben, etc. Sie könnten die Aufgaben übernehmen, für die weder Lehrkräfte noch andere Mitarbeiter in Schulen ausgebildet worden oder verfügbar sind. Zunächst stunden- oder tageweise, zeitlich begrenzt – entsprechend des Bedarfs. Zudem sollte es schuleigene Digitalisierungs-Manager auf Dauer geben und so für nachhaltige digitale Bildung sorgen können. Um das realisieren zu können, brauchen Schulen im Grunde genommen nur einen “Topf”, sprich finanzielle Mittel, mit denen sie Freiberufler-Honorare und Schulprojektanbieter bezahlen könnten. Möglicherweise aus den Vertretungsfonds? Dem neuen Digitalpakt? Die finanziellen Mittel müssen die Länder dafür bereitstellen.

Auf jeden Fall kann eine nachhaltige Entwicklung von Schule in Bezug auf die digitale Transformation, laut vieler öffentlicher Stimmen, nur gemeinsam gelingen. Bildungssystem und Wirtschaft müssen hier eng zusammenwirken!

Freiberufliche Honorarkräfte und Projektanbieter aus der Wirtschaft und dem gemeinnützigen Non-Profit-Umfeld sind für Schulen eine sinn-, mach- und verfügbare sowie finanzierbare Ressource.

Bevor wir diesen Beitrag im Buch schließen, noch eine Ausführung, die sein muss:

Die Politik spricht ständig von „Informatikern“ – aber diese sind keine Medienexperten!

Es wird im Bildungssystems ständig von Informatik-Unterricht / -Pflichtfach und den Informatik-Lehrkräften gesprochen – doch: Tatsächlich müssen Lehrkräfte wie auch die meisten Schüler:innen (außer solche, die einen entsprechenden Beruf ergreifen möchten) niemals Aufgaben von Informatikern ausführen können. Denn Informatiker:innen beschäftigen sich überwiegend mit der Entwicklung von Anwendungen (PC-Software, Web- und Smartphone-Anwendungen), Hardware (-nahe) Programmierung und Systemlösungen, sowie mit Künstlicher Intelligenz, Maschinen-Programmierung, etc. Weiterhin beschäftigen sich Techniker / IT-Administratoren (nicht Informatiker) zum Beispiel mit der Installation und Administration von Netzwerken, Servern, Computern sowie Telefon- und Funkanlagen, hier in einer Client-Server-Umgebung.

Deutlich wird erneut: solche Tätigkeiten gehören nicht zum digitalen Lehren und Lernen dazu – die Aussage „Schulen brauchen Informatiker für digitale Bildung und digitale Transformation“ ist also nicht ganz richtig.

„Programmiert“ werden muss dafür in Schule selbst eigentlich nichts; IT-Administratoren für die hausinterne Client-Server-Umgebung und Anwendersupport werden gebraucht. Aber Lehrkräfte und Schüler selbst benötigen in einer digitalen Welt „nur“ ganzheitliche, weitgreifende Anwender-Kenntnisse.

In der elektronischen Datenverarbeitung (kurz: EDV) steht der Ausdruck “Anwender / User / Benutzer” übrigens für eine Person, die einen Computer, eine APP, ein Online-Portal oder andere digitale Medien benutzt. Zukünftig werden sowohl in Schulen, wie auch in fast allen anderen Lebens- und Berufsbereichen solche digitalen Anwender-Kenntnisse benötigt. Diese sollen digital kommunizieren können (das beherrscht jede Chefsekretärin, jede Bürokauffrau). Sie sollen zudem digitale Texte schreiben, digitale Videos und Podcasts (Audios) erstellen und/oder nutzen – und das ist digitaler Content! Solch ein digitaler Content wird teilweise von Webdesignern, in jedem Fall von Content-Managern /-Entwicklern, Online-Journalisten, Video-Producern oder, oder, oder erstellt. Medienpädagogen können das auch, aber klassische Informatiker können das nicht!

Auch die Lerninhalte in Lern-Management-Systemen (kurz: LMS) sind Content. LMS basieren auf Content-Management-Systemen – sie sind technisch das Gleiche. Das bedeutet: Webdesigner und Content-Entwickler, etc. können Lern-Management-Systeme betreuen, Lehrkräfte und Schüler:innen in der Nutzung und Produktion von Lehr- und Lern-Inhalten unterstützen oder selbst die Lerninhalte (Content) dafür produzieren.

Aus Sicht der Künstlersozialkasse* sind zuvor genannte Berufsbilder übrigens künstlerische Berufe im digitalen Kontext. Solche Künstler sind keine Informatiker!

Abschließend: Einerseits ist kaum möglich, die digitale Transformation so zu realisieren, wie die Politik es sich derzeit vorstellt. Andererseits ist es möglich: durch den Einsatz von freiberuflichen Honorarkräften aus verschiedenen Berufsfeldern (nicht nur aus der Informatik), was die Möglichkeiten vervielfältigt!

Auf den letzten Buchseiten stellen sich die Autoren vor, welche teilweise Lehrkräfte und Pädagogen, teilweise freiberufliche Honorarkräfte sind.


Kontakt zur Autorin: s.braun-speck@tiefenschaerfe.de oder s.braun-speck@sii-kids.de

*Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) und die vom Gesetzgeber mit der Umsetzung dieses Gesetzes beauftragte Künstlersozialkasse (KSK) sorgen dafür, dass selbständige Künstler und Publizisten einen ähnlichen Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung genießen wie Arbeitnehmer. Siehe: https://www.kuenstlersozialkasse.de/

Quellen: siehe Buch oder auf Anfrage